Kategorien
Marketing

Online weniger Geld verbrennen? Diese 4 Regeln für sinnvolle Analysen helfen.

Nicht nur kleine Unternehmen mit unerfahrenen Leuten versenken viel Geld in Online-Werbung ohne Wirkung. Auch richtig große Firmen spülen ein riesiges Budget die Online-Kanäle runter.

Letzten Monat hat Adidas erklärt, dass das Unternehmen währed der letzten zwei Jahre sehr viel Geld mit Suchmaschinenwerbung verbrannt haben. Sie haben ihren Fehler erst bemerkt, als ihre Suchanzeigen wegen eines technischen Fehlers nicht ausgespielt wurden. Wider Erwarten hat sich das überhaupt nicht auf ihre Umsätze ausgewirkt.

Geld verbrennen
Symbolbild für die Wirkung vieler Online-Werbemaßnahmen

Wie kommen solche teuren Fehler zustande?

Eigentlich ist nämlich gerade die Messbarkeit ist das große Versprechen des Digitalmarketings: Dank Analyse-Tools sollte ich doch wissen, welche Maßnahme welche Besucher auf meine Website führt und ob diese Nutzer dann kaufen oder nicht.

Aber wie in der Wissenschaft wird auch hier mit den gewonnen Zahlen nicht die Wirklichkeit in ihrem ganzen Facettenreichtum abgebildet, sondern nur ein vereinfachtes Modell der Realität gebaut.

Damit diese Modelle aber Orientierung bei der Analyse von Online-Maßnahmen geben und nicht in die Irre führen, helfen mir diese vier Regeln:

1. Vergleiche verschiedene Attributionsmodelle

Fast nie führt eine Marketing-Aktion allein zum Erfolg. Meistens begleitet ein Bündel an Maßnahmen den potenziellen Käufer auf seinem Weg vom Website-Besucher zum Kunden.

Ein vereinfachtes Beispiel: Über eine Facebook-Anzeige gelangst du zum ersten Mal auf die Website eines Posterherstellers. Dort gefällt dir besonders ein Einhorn-Poster. Dieses Poster verfolgt dich ein paar Tage durch das Web und bleibt dir so im Gedächtnis. Kurz vor dem Geburtstag deiner Schwester erinnerst du dich an das schicke Einhorn-Poster. Das wäre perfekt als Geschenk! Also gibst du bei Google „Einhorn-Poster“ ein, gelangst über eine Suchanzeige auf die Website des Posterhersteller und kaufst ein.

Welcher Maßnahme sollte im Analyse-Tool des Posterherstellers dieser Kauf zugeschrieben werden? Der Facebook-Anzeige, den dich verfolgenden Anzeigen (Retargeting) oder der Google-Anzeige? Oder allen Maßnahmen zu je einem Drittel?

Für mich ist die Frage nicht klar zu beantworten. Es ist aber wichtig zu wissen, dass die meisten Tools in der Standard-Einstellung den Kauf dem letzten Klick zuschreiben (oder attribuieren, um es im Online-Marketing-Sprech auszudrücken). Die naive Betrachtung der im Tool angezeigten Zahlen würde in unserem Beispiel zu einer Überschätzung der Wirksamkeit der Suchanzeige und der Unterschätzung der Effektivität der anderen Maßnahmen führen.

Neben dem letzten Klick bieten die meisten Tools weitere Attributionsmodelle an: Auch der erste Klick und eine gleichverteilte Zuschreibung auf alle Nutzerinteraktionen sind üblich. Als Analyst spiele ich also mit den verschiedenen Modellen herum, um mich so der Realität anzunähern.

2. Führe Experimente durch

Experimente sind ein mächtiges Mittel, um dem eigenen Modell einen Test an der Wirklichkeit zu ermöglichen. So ist im Einführungsbeispiel auch Adidas darauf gekommen, dass ihre Suchanzeigen Mist sind.

Sie haben unfreiwillig getestet, ob ihr Modell der Werbewirksamkeit (das Google-Anzeigen einen hohen Wert zugeschrieben hat) mit der Realität, also den Verkäufen, übereinstimmt. Das war nicht der Fall.

Ich empfehle die freiwillige Durchführung eines solchen Experiments: Einfach eine Kampagne pausieren und schauen, ob das passiert, was laut Analysetool passieren sollte.

Auf das Einhorn-Poster-Beispiel angewandt: Wenn mir Google-Anzeigen laut Google Analytics 1.000 Poster-Verkäufe pro Monat bringen und ich diese Anzeigen einen Monat pausiere, verkauft der Posterhersteller dann wirklich 1.000 Stück weniger?

Natürlich führe ich so ein Experiment in der Wirklichkeit und nicht in einem Labor durch, so dass mir immer irgendwelche anderen Faktoren die Ergebnisse durcheinander bringen können. Ein bisschen bekomme ich das in den Griff, wenn ich die Kampagne nur in einem gewissen Gebiet pausiere. Wenn dann nur dort der erwartete Effekt eintritt, dann spricht einiges dafür, dass das Modell in diesem Fall richtig ist.

3. Überprüfe die Zahlen mit gesunder Skepsis

Manchmal ist das Modell aber auch einfach falsch, weil die zugrunde liegenden Zahlen falsch erhoben werden.

Angewandt auf das Einhorn-Poster-Beispiel ist die Überprüfung der Zahlen banal: Wenn der Posterhersteller letzten Monat 3.000 Mal Poster verkauft hat, sollte auch das Analyse-Tool einen Wert von ungefähr 3.000 Verkäufen anzeigen. Eine kleine Abweichung nach unten ist dabei jedoch normal, weil manche Nutzer nicht erfasst werden können oder dürfen.

Es ist gar nicht so selten, dass Analysen in Tools als Grundlage für Entscheidungen dienen ohne dass so ein direkter Check mit realen Daten durchgeführt wird. Manchmal fehlt die unternehmensinterne Berechtigung die Zahlen abzugleichen. Oder es ist sehr kompliziert und aufwändig, die Zahlen zusammenzutragen.

Als zweitbeste Möglichkeit vergleiche ich dann unterschiedliche Tracking-Systeme miteinander. Ein Beispiel: Facebook zeigt an, dass der letzte Post gestern zu 3.000 Link-Klicks geführt hat. Passt das zu dem, was ich in Google Analytics sehe?

Außerdem schadet gesunde Skepsis bei Analysen nie. Besonders wenn die Ergebnisse besser als erwartet sind und deswegen alle zufrieden sind, dann hilft mir die Frage: Sind die Zahlen eigentlich plausibel?

Und wenn sie es nicht sind, frage ich genau nach, was denn technisch gemessen wird. Manchmal muss ich nur lange genug bohren, bis dann ein Missverständnis ans Licht kommt.

Klar, manchmal sind die Ergebnisse auch einfach besser als erwartet. Wäre ja schlimm, wenn nicht.

4. Respektiere die Grenzen der Datenanalyse

Ich kann zwar online sehr viel messen, aber irgendwo hören die Erkenntnisse auf, die ich aus der Analyse von Daten gewinnen kann.

Je nach Größe des auszuwertenden Datensatzes, der Qualität der Daten und der Verschlungenheit des Pfades zum Kunden, ist das früher oder später der Fall.

Bevor ich mir aus wenig Website-Besuchern, die wenig kaufen, und deren Daten in meinem Analyse-Tool durch die Opt-In-Implementierung nur bruchstückhaft erhoben werden, Erkenntnisse herbeiphantasiere, halte ich es lieber mit Sokrates: Ich weiß, dass ich nichts weiß.

Dann halte ich es beispielsweise für sinnvoller, mit einer kleinen Umfrage direkt die Kunden zu befragen.

Fazit

Die völlige Messbarkeit ist nach wie vor eine Illusion. Deswegen trifft das berühmte Zitat

Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.

Angeblich Henry Ford

sicherlich auch im Digitalmarketing auf einen Funken Wahrheit. Aber begründete Vermutungen anstellen, welche Maßnahmen zu welcher Hälfte gehören, das geht schon.

Und natürlich sollte man auch danach handeln. Deswegen würde ich dem berühmten Zitat für heute ein Update verpassen:

Ich weiß, ein Viertel meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich kann nur nicht weiter eingrenzen, welches Viertel.

Moritz Orendt

Dadurch wird schon deutlich weniger Geld verbrannt.

Eine Antwort auf „Online weniger Geld verbrennen? Diese 4 Regeln für sinnvolle Analysen helfen.“

[…] oft nicht einmal ökonomisch: Bei vielen Kampagnen profitiert bei einer realistischen Betrachtung vor allem die Werbeplattform (oft Google oder Facebook). Eigentlich ist das Versprechen des Online Marketings ja gerade, die Wirkung der eigenen Maßnahmen transparent zu machen. Doch oft führt das eher zu einer pseudo-Messbarkeit, die auch große Unternehmen dazu verleitet, ihr Budget mit beiden Händen zum Fenster rauszuschmeißen. […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert