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Zwei Blogger gründen einen Buchverlag: Interview mit Johannes Klaus von Reisedepeschen

2018 habe ich für einige Buchverlage gearbeitet. In diesen Aufträgen unterstützte ich sie dabei, online präsenter zu sein und sich auf unsere digitale Welt besser einzustellen.

Darum fand ich es besonders interessant, als Anfang des Jahres zwei der erfolgreichsten und bekanntesten Reiseblogger Deutschlands, Marianna Hillmer und Johannes Klaus, per Crowdfunding Geld für Reisebücher sammelten und einen Buchverlag gründeten. Während die etablierten Buchverlage versuchen, mehr Geschäft im Digitalen zu machen, gehen Marianna und Johannes den umgekehrten Weg.

Johannes Klaus
Johannes Klaus

Ich habe mit Johannes telefoniert und ihn zur Gründung des Reisedepeschen Verlags befragt.

Die Deutschen kaufen immer weniger Bücher. Und Buchverlage haben es momentan auch nicht leicht, wie ich in meiner Arbeit feststelle. Warum habt ihr als sehr digitale Menschen so etwas sehr Analoges wie einen Buchverlag gegründet?

In den letzten Jahren haben wir Bücher mit anderen Verlagen herausgegeben. Dabei haben wir gemerkt, dass das Buch für bestimmte Themen und Inhalte nach wie vor einfach das beste Medium ist. Und ich persönlich habe gemerkt, dass es viel mehr Spaß macht, in einem Buch zu lesen als vor einem Bildschirm. Man kann das Gelesene besser aufnehmen. Es ist keine ständige Ablenkung da und macht einfach mehr Freude.

Gleichzeitig denke ich, dass es zwar insgesamt weniger Buchkäufe gibt, aber dass schöne Bücher, die mit Liebe gemacht sind, weiterhin bleiben werden, weil es dafür keine digitale Entsprechung gibt.

Wie lange habt ihr die Idee, einen Verlag zu gründen, mit euch herumgetragen?

Wir haben die Idee vor bald zwei Jahren gehabt und dann schnell angefangen, das zu durchdenken, Kalkulationen durchzuführen, und zu schauen, ob wir das machen wollen. Dann sind wir zügig in die Umsetzung eingestiegen.

Oft ist die Planung eine Sache und die Realität ein andere. Läuft es jetzt ungefähr so wie kalkuliert?

Bei unserer Grundkalkulation haben wir durchgerechnet, ob es für uns möglich ist, den Verlag aus eigenen Mitteln zu starten. Sobald man sich mit einem Partner zusammen tut, ob das jetzt ein Geldgeber ist, oder ein anderer Verlag, wollen die natürlich mitreden. Das wollten wir vermeiden, weil wir die Bücher genauso machen wollen, wie wir sie uns vorstellen.

Wir haben festgestellt, dass wir genug Geld angespart haben, um das finanzieren zu können.

Anfang September sind die ersten drei Bücher rausgekommen und es läuft sehr gut. Wir haben heute tatsächlich das erste Buch so oft verkauft, dass wir keine Bücher mehr im Verlagslager haben und eine zweite Auflage drucken müssen.

Was ist schwieriger als ihr es euch am Anfang vorgestellt habt?

Es ist schwieriger, mal einen gemütlichen Fernsehabend zu haben. Da wir zwei kleine Kinder haben, arbeiten wir eben dann, wenn es geht. Deswegen sind die Abende, an denen wir einfach entspannen, sehr selten geworden.

Arbeitet ihr zur Zeit Vollzeit am Verlag, oder habt ihr eure bisherigen Tätigkeiten weiterhin nebenbei laufen?

Nein, wir haben in den letzten eineinhalb Jahren alle anderen Tätigkeiten beendet und konzentrieren uns komplett auf die Verlagsgründung. Am Anfang ist das auch sehr viel Aufbau von Strukturen: wie läuft der Vertrieb, wie läuft das Marketing, wie kriegen wir die Bücher in die Buchläden rein. Da wir Quereinsteiger sind, mussten wir uns auch viel erst aneignen.

Wie kommt ihr zu euren Büchern? Wie wählt ihr die die Bücher aus, die ihr macht?

Das sind teilweise eigene Ideen und auch Ideen, die an uns herangetragen werden. Dabei sind uns sind drei Punkte wichtig:

Erstens, muss das Thema uns selbst begeistern.

Zweitens, müssen wir dafür einen Markt sehen, also genug Leute, die es auch interessiert.

Und, drittens, muss die Zusammenarbeit, also die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, passen, weil wir nur mit Leuten zusammen arbeiten wollen, mit denen wir uns gut verstehen.

Ich bin über eure Crowdfunding-Kampagne auf euch aufmerksam geworden. Was hat die euch außer dem Startkapital noch gebracht?

Wir hatten das Crowdfunding aus verschiedenen Gründen gemacht:

Einmal, um zu testen, wie unsere Ideen ankommen. Wenn man sich lange mit einem Projekt beschäftigt, verliert man irgendwann das Gefühl dafür, wie es nach außen hin wirkt. Da war es sehr gut, die Rückmeldung zu bekommen.

Natürlich war das Crowdfunding auch gut, um die ersten Druckkosten etwas abzufedern. Wir konnten dadurch ungefähr ein gutes Drittel abdecken.

Es war auch super, um eine gewisse Bekanntheit zu bekommen, also als Marketinginstrument. Wir hatten dann dazu beispielsweise ein Interview auf Spiegel-Online.

Also hat es für euch super funktioniert. Warum wollt nicht regelmäßig ein Crowdfunding machen, also auch eines für die nächsten Bücher im Frühjahr?

Es war nie geplant, dass wir das für alle Bücher machen. Zum einen ist es recht viel Arbeit und wir haben gar nicht die Kapazitäten, um das für jedes Buch zu machen. Zum anderen bieten sich auch nicht alle Bücher dafür an. Wenn wir jetzt ein Buch für eine sehr kleine Nische machen, dann lohnt sich ein Crowdfunding nicht, sondern ich setze eher darauf, dass es nach und nach im Buchhandel verkauft wird.

Wie läuft denn generell der Vertrieb eurer Bücher? Online oder über den klassischen Handel?

Wir wollten bewusst in den Buchhandel gehen, weil wir bei den Büchern viel Wert darauf legen, dass sie schön sind und sich gut anfassen. Das sind alles Sachen, die man schwer über das Internet vermitteln kann. Und wir finden es auch einfach schön, wenn es weiterhin gute, liebevoll geführte Buchläden gibt.

Wenn man in den klassischen Buchhandel will, dann geht der Weg dorthin über traditionell aufgebaute Strukturen. Da gibt es einmal die Verlagsauslieferung, die unsere Bücher lagert und die die Bestellungen vom Buchhandel entgegennimmt, und diese dann auch versendet. Dadurch sind wir in der Lage, dass die Bücher von Buchhandlungen ganz normal geordert werden können. Aber auch, wenn man in den Buchladen geht und dort unsere Bücher bestellt, werden die dann innerhalb von einem halben Tag oder Tag geliefert und sind abholbereit.

Wie kann ich mir das vorstellen, dass es dazu kommt, dass ein Buchladen eure Bücher führt? Musst Du alle abtelefonieren oder werden die auf euch aufmerksam?

Das ist eine Mischung. Es bringt tatsächlich viel, wenn wir die Buchläden persönlich ansprechen oder vorbeigehen. Klassischerweise machen das Vertreter für die meisten Verlage, aber das können wir uns nicht leisten. Wir versuchen, das durch eine gewisse Medienpräsenz auszugleichen, und auch eben persönlich in den Läden vorbeizugehen oder anzurufen.

Gibt es etwas, das größere und ältere Verlage von euch lernen können?

Das ist schwer zu vergleichen, weil wir zu zweit als Kernteam arbeiten, und ein großer Verlag sehr traditionelle Strukturen hat. Dadurch sind wir in der Lage, ohne große Meetings und ohne Abstimmungsprozesse direkt zu handeln und Ideen umzusetzen. Das habe ich in anderen Verlagen anders erlebt, wo die Wege sehr lang sind und Ideen unterwegs versanden oder  einfach so abgeschliffen werden, dass sie nichts mehr bringen.

Wir versuchen auch inhaltlich und in der Gestaltung andere Schwerpunkte zu setzen. Das sind natürlich damit auch verbunden viel höhere Kosten. Wenn man jetzt das alles bezahlen müsste, was wir tatsächlich an den Büchern arbeiten, dann wären wir wahrscheinlich sehr-, dann wäre es sehr schwierig damit Geld zu verdienen.

Wo geht die Reise mit dem Reisedepeschen-Verlag hin? Was macht ihr in fünf Jahren?

(Gelächter) Das ist eine gute Frage. Wir wollen den Weg so weitergehen, also regelmäßig schöne Bücher machen und damit auch erfolgreich sein. Wir wollen ein gewisses Wachstum, kein forciertes, aber eins, das sich aus sich selbst heraus entwickelt. Und wir möchten dauerhaft davon leben können und in fünf Jahren vielleicht auch mal wieder den einen oder anderen Abend eine Netflix-Serie schauen können.

Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg!

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